Lirum – Larum – Löffelstiel
Dreh und Angelpunkt auf unserem Vereinsschiff „Stahlratte“ ist bis mindestens 13 Uhr ganz klar die „Messe“ (Ess-Bereich vor der Küche) und die sich daran anschließende „Kombüse“ (Küche).
Darin tummeln sich immer wieder verschiedene „Smutjes“ (Köche) mit ihren „Backschaftern“ (Küchenhelfer) und die dazugehörige hungrige Mannschaft. Für elf Leute zu kochen ist an und für sich für uns Spirebos keine allzu große Herausforderung.
Wurde in der Zeit in Togo doch sogar 3x täglich für oft über 70 Personen regelmäßig warm gekocht.
Hier in der Karibik ähnelt das Kochen schon manchmal einer Art „Kreativitäts-Spagat“, denn das Essen sollte preisgünstig sein, aber gleichzeitig auch ausgewogen und vitaminreich.
Und die aktuellen Lebensmittelpreise in den französischen Übersee-Departements treiben einem wirklich die Tränen in die Augen…
Da heißt es dann für den jeweiligen Smutje des Tages eine gehörige Portion Kreativität und viel Erfindungsgeist an den Tag zu legen, um vollwertige Mahlzeiten zu zaubern, die auch noch möglichst gut schmecken. Das ist oft kein einfaches Unterfangen.
Doch wie heißt es so schön?:
„Ein Koch ohne Fantasie ist wie ein Maler ohne Farben“.
Von wegen „Fast Food“...
Eines unserer Lieblingsgerichte ist neben selbstgemachter Pizza und vegetarischem Döner der Vollkorn-Hamburger von unserem Chef-Smutje David. Bei der Zubereitung der flauschigen Brötchen wird er immer noch von Timo tatkräftig unterstützt.
Unsere selbstgemachten Hamburger lassen Ronald MC Donald wirklich alt aussehen, so gut sind sie.
Anstelle einer Hackfleisch-Frikadelle liegt zwischen unseren Brötchenhälften ein leckerer Bratling aus Linsen, Couscous, Tomatenmark, Zwiebeln und Gewürzen. Aus Kichererbsen-Sud und ohne Ei hergestellte Knoblauch-Mayonnaise sowie Curry-Ketchup (bestehend aus Tomatenmark und Gewürzen), Gewürzgurken und Zwiebelringe geben dem Burger die richtige Würze.
Kein Anglerglück
Milchprodukte sind auf den Inseln der Kleinen Antillen sündhaft teuer. Sie werden aus Frankreich eingeführt, denn Rinder werden hier meist nur zum Eigenbedarf gehalten. Wir kaufen die importierten Milchprodukte aber vor allem deshalb nicht, weil sie aus konventioneller Massentierhaltung stammen und wir sie daher nicht essen wollen.
Wir fragten uns deshalb?:
„Wie schaffen wir es nun trotzdem unseren täglichen Eiweißbedarf zu decken?“
Zu Beginn unserer Zeit in der Karibik freuten wir uns darauf mehrmals im Monat frischen, selbst geangelten Fisch zu essen. Für uns ist es schon ein riesiger Unterschied ob wir den Fisch selber fangen oder ihn in der Kühltheke im Laden kaufen. Doch warfen wir meist die Angel vergeblich aus. Die Wobbler, sogar oft noch in mühevoller Arbeit selbst gemacht, konnten noch so schön aussehen und schimmern, kein Fisch biss an.
Es gab leider bisher nur ein paar wenige Sternstunden im Anglerhimmel für unsere Hauptangler Wolfgang, Timo und Kolani. Ab und an hatten sie schon schöne Exemplare an der Angel, doch mussten sie feststellen, dass es sich hierbei nur um wenige Raubfische handelte, die sich beim Jagen in der Bucht, in der wir ankerten, verirrt hatten. Mit dem Boot muss man schon weit hinaus aufs Meer fahren, um überhaupt etwas an den Haken zu bekommen. Es führt kein Weg an der traurigen Wahrheit vorbei:
Das karibische Meer ist im Moment größtenteils leergefischt. Das bestätigen uns auch die hier ansässigen Fischer. Sie sind kaum noch in der Lage von ihrem Fang zu leben.
Die Sojabohne – eine Eiweißbombe
Wir haben glücklicherweise noch eine große Menge an Sojabohnen in Bio- Qualität, die in Europa angebaut wurden, auf dem Schiff eingelagert. Darüber sind wir in der Lage unseren Eiweißbedarf ausreichend zu decken. Diese unscheinbare Bohne hat es echt in sich. Sie lässt sich wirklich vielfältig verwenden. Als Granulat wertet sie im Moment ebenfalls unseren Speiseplan auf. Das Sojagranulat wird mit fast kochendem Wasser übergossen, quellen gelassen und kann dann in verschiedene Soßen eingerührt werden. Doch auch trocken, nur mit gehackten Zwiebeln, Kräutern und Salz gewürzt und in Öl angebraten schmeckt es ebenfalls sehr gut.
Etwas aufwendiger, aber absolut der Mühe wert ist die Herstellung von Sojamilch und Tofu aus vorher über Nacht eingeweichten Sojabohnen.
Mit Hilfe eines funktionstüchtigen Mixers, eines Siebs, einer sauberen Stoffwindel und eines großen Topfes lässt sich mit relativ wenig Aufwand Sojamilch herstellen. Gibt man dann im Anschluss noch Salz und Essig in die fertige Sojamilch, dann flockt die Milch aus und man kann mit wenigen Handgriffen einen Tofu-Block pressen.
Timo hat dafür eine spezielle Pressvorrichtung aus Holz gebaut, die super funktioniert.
Er hatte auch die Idee Sojabohnen im Herd zu rösten. Gesalzen schmecken sie fast wie Erdnüsse.
Zwei Reiskocher – der Wassermacher und die Batterie 2
Der Platz in unserer kleinen, aber feinen Schiffsküche ist wirklich optimal ausgenutzt. Es gibt neben Arbeitsplatten, Spüle, Küchenschränken und Regalen einen Gasherd mit fünf Platten, ein separat stehendes Induktionskochfeld sowie einen Elektrobackofen. Ein Küchenmixer und zwei Reiskocher vervollständigen das Küchenequipment.
Einfach mal munter drauf loskochen klappt aber meistens nicht. Man muss sich im Vorfeld schon gut überlegen, welche Geräte man braucht und vor allem die dazugehörige Wattzahl ausrechnen, damit der Inverter der Batterie 2 nicht schlapp macht.
Und dann ist da noch der Wassermacher, den man sehr gut im Auge behalten muss. Er produziert täglich, meist während der Kochzeiten unser Brauch- und Trinkwasser. Die Franzosen sagen „Dessalinisateur“- „Entsalzer“ zu ihm.
Auf dem Achterdeck der „alten Lady“ sind eine Vielzahl an Solar-Paneelen angebracht.
Sie speisen die Batterien, die sich in der Achterkajüte befinden. Dort ist auch die Batterie 2 zu finden. Die Sonnenenergie versorgt über die Solar – Panelen das ganze Schiff mit Strom. Ist es mal nicht so sonnig, laden die Batterien nicht vollständig auf und wir müssen die Stromabnahme in der Küche gut im Blick haben.
Und hier kommt unser Libero, unser Joker ins Spiel:
Der Gasherd mit den fünf Platten. Er funktioniert mit Gas und ist somit absolut unabhängig von der Batterie 2.
Die beiden Reiskocher benutzen wir nicht nur zum Reis kochen, sondern auch um unser Spülwasser und Trinkwasser zu erhitzen oder um Gemüse schonend zu dünsten. Selbst Dampfnudeln und Semmelknödel lassen sich in den Reiskochern sehr gut herstellen. Für die separat stehende Induktionsherd – platte haben wir einen speziellen Induktionskochtopf. Er leistet uns zusätzlich noch gute Dienste als Bügeleisen. Renate nutzt ihn mit Vorliebe, um unsere Tischdecken und Servietten zu bügeln.
Gärtnerfreuden auf dem Balkon
Auf dem Schiff lässt sich leider kein Gärtchen anlegen. Wir haben aber trotzdem nicht ganz aufgegeben und hegen und pflegen in zwei größeren Blumentöpfen eine Basilikum- und eine Petersilienpflanze in beachtlicher Größe. Mit dem Säen von Pfefferminze haben wir leider kein Glück. Sie will einfach nicht auf dem Schiff gedeihen. Wir haben schon alles versucht. Selbst ein gekauftes Minzpflänzchen hat nicht lange in der salzigen Meeresluft überlebt.
Wir sind „Eigenbrötler“
Ein bisschen verzweifelt waren wir, als wir in Guadeloupes Supermärkten keine einzige Tüte Vollkornmehl auftreiben konnten. Es wird in den Geschäften jede Menge Weißmehl angeboten, doch das wollten wir nur im Notfall zum Brotbacken nehmen. Simone recherchierte und fand eine große Mühle in der Hauptstadt der Insel. Dort konnte man sogar Roggen – und Vollkornmehl in 25 kg Säcken kaufen.
Endlich konnten wir wieder vollwertiges Brot backen. In der karibischen Wärme gehen die Brotteige übrigens in Rekordzeit auf.
Vor ein paar Tagen hat einer unserer Bäckermeister die Dose mit dem Salz mit der Natrondose verwechselt. Die Dosen sehen gleich aus, nur die Farbe der Deckel ist unterschiedlich. Daraufhin hatten wir wunderschön aussehendes knuspriges, salzloses Brot, das nach Laugengebäck roch und auch so schmeckte. 😉
Da bewahrheitet sich der Spruch:
„Ein Koch (Bäcker) macht keine Fehler, er erfindet nur neue Rezepte!“
„Wettessen“ mit den Käfern
Leider hatten wir irgendwann blinde Passagiere an Bord… Es handelte sich um eine Armada aus kleinen schwarzen Käfern, die sich in Rekordgeschwindigkeit vermehren und sich durch Getreide- und Reiskörner fressen können.
Wir mussten jedoch auch feststellen, dass Lasagne-Platten zu ihrem Leibgericht gehören. Zuerst fanden wir sie in den Getreidekörnern, die wir in großen Fässern lagerten. Doch kurze Zeit später waren auch unsere Reissäcke befallen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als sie regelmäßig aus unseren Reis- und Getreidekörnern auszusortieren.
Vor ca. drei Wochen haben wir den letzten Sack Reis aus unserem Vorrat verzehrt. Wir haben das „Wettessen“ gewonnen.
Rum - das flüssige Gold der Karibik
Wir befinden uns im Inselreich der Rum-Destillerien. Auf den Inseln der Kleinen Antillen hat man oft das Gefühl, dass hier ohne Rum gar nichts geht. Anstatt mit Freunden einen Kaffee trinken zu gehen, trifft man sich hier mit ihnen zum Ti‘ – Punch – Trinken. Der Ti‘ – Punch ist schon fast das Nationalgetränk der Insulaner.
Hier ein Rezept für den Ti‘Punch:
5cl Rum, 1 TL Rohrzucker/Melasse, 1/2 Limette und je nach Geschmack Eiswürfel, wobei echte Kenner sagen, dass die Eiswürfel den Ti‘-Punch verwässern würden und man sie unbedingt weglassen sollte.
Auf den Märkten wird der Rum in allen Varianten angeboten: Die Flaschen sind entweder mit Bananen, Zimtstangen, Vanilleschoten, Muskatnüssen, Kokosraspeln und vielem mehr bestückt.
Es gibt viele verschiedene Rumsorten. Neben dem weißen Rum, gibt es in alten Eichenfässern gelagerten „Alten Rum“, der dann natürlich auch viel teurer ist. Auch in den Supermärkten wird eine beachtliche Rum – Palette der verschiedensten Destillerien zum Verkauf angeboten.
Timo und David haben einen Rum-Cocktail „Stahlratte“ kreiert, den wir anbieten, wenn wir mal Bekannte und Freunde auf dem Schiff haben. Das Rezept ist eigentlich ein „Betriebsgeheimnis“, doch so viel sei verraten: Neben Rum bildet ein Eistee aus Grüntee mit Minze die Grundlage.
In unserer Schiffs- Apotheke befinden sich mehrere Dosen mit Schwedenbitter – Kräutern. Wir setzten die Kräuter mit Rum auf, lassen sie 10 Tage ziehen und sieben sie dann ab. Mit diesem hochprozentigen Kräuterauszug rücken wir erfolgreich den verschiedensten Krankheiten zu Leibe. Vor allem bei Entzündungen hat sich der Schwedenbitter-Auszug schon sehr oft bewährt.
Chillis und jede Menge „brennende“ Hände
Auf dem Markt in St. Pierre auf Martinique kaufte ich eine riesige Tüte Chilis für 5 Euro. Sie leuchteten wunderschön in den Farben rot, orange und hellgrün. Teilweise waren sie mild, doch zum größten Teil waren sie richtig scharf. Wir bereiten unser eigenes Zwiebel-, Kräuter und Chiliöl, doch aus dieser Riesenmenge Chilis Öl herstellen, das war nicht möglich. Also suchten wir im Internet nach passenden Tabasco und Chilipasten – Rezepten.
Wir wurden schnell fündig und arbeiteten uns zwei Tage lang durch den Berg an bunten Chillischoten. Elisabeth drehte die geputzten Chilis durch den Fleischwolf und stellte mehrere Flaschen Tabascosoße her. Die außerdem noch eingekochten scharfen Chilipasten standen ab dann fast jeden Tag auf unserem Buffet und waren erstaunlich schnell wieder aufgegessen. In allen Rezepten stand, dass man beim Putzen der Schoten Handschuhe tragen sollte, um die Hände zu schützen. Wir hatten leider keine an Bord und am Abend fühlten sich unsere Hände an, als ob sie in Flammen stehen würden. Chilis tragen nicht umsonst den Namen „Feuerschoten“…
Mangos - die gesunde Alternative zu Marmelade
Fast ein halbes Jahr lang hatten wir das Glück kostenlos ungespritzte Mangos zu ernten. Das dabei anfallende „Fallobst“ bzw. die aufgeplatzten Früchte kochten wir ohne Zucker für einige Minuten ein. Das so entstandene Mango – Mus verwendeten wir als Marmelade. Das war wirklich super, denn die Konfitüren, die man in den Geschäften kaufen kann sind so extrem gesüßt, dass es kaum auszuhalten ist und man schon vom bloßen Ansehen Karies bekommt…
Kartoffeln, die auf Bäumen wachsen
Der Kontakt mit Einheimischen ist für uns immer wieder eine Bereicherung. So haben wir schon manches Mal ein unbekanntes Obst oder Gemüse kennen gelernt.
So war es auch mit der Brotfrucht.
Schon zu Beginn unseres Aufenthalts auf Guadeloupe sind uns die hohen Bäume mit den großen Blättern und den kugeligen großen Früchten aufgefallen. Doch wussten wir nicht wirklich, was es mit dieser Frucht auf sich hatte. Auf Martinique bekamen wir von einem Bekannten Brotfrüchte geschenkt.
Sie schmecken wie Kartoffeln und werden auch ähnlich zubereitet. Die Brotfrüchte werden zuerst geschält, dann entweder gekocht, gedünstet, gebraten, frittiert oder gebacken. Auch sie enthalten wertvolle Inhaltsstoffe.
Linsen—in Hülle und Fülle
Wir haben noch einen großen Vorrat an Linsen an Bord der Stahlratte. Früher fiel mir nur eine Sache ein, die ich aus Linsen herstellen konnte – und das war Linsensuppe. Doch heutzutage weiß ich, wie vielfältig Linsen eingesetzt werden können. Sie liefern dem Körper neben Selen vor allem auch Eisen. Wir bereiten aus ihnen in unserer Kombüse die verschiedensten Brotaufstriche, Linsengemüse und Bratlinge zu.
Als wir eine Zeitlang nicht mehr genug Vollkornmehl hatten, haben wir mit gekochten Linsen (manchmal auch mit gekochten Erbsen) unseren Brotteig gestreckt und gleichzeitig aufgewertet.
Manfred kocht manchmal zu unserer aller Freude ein Gericht, das er noch von seiner Kindheit her kennt: Schwäbische Spätzle mit Linsen.
Sehr interessant, liebe Barbara, eure Sojabohnen -Experimente könnte ich noch am ehesten ausprobieren (wir haben keinen Backofen).
Und Mangos finde ich auch sehr lecker, die Idee, Mus daraus zu machen, gefällt mir. Werde ich auch ausprobieren….
Liebe Grüße
Mechthild